utrillo

fotos von 1971 und 2008


prolog

die luft war stickig im abgedunkelten hörsaal der kölner werkschule am ubierring. ungefähr zwanzig kunststudenten schwitzten aufmerksam vor sich hin, während der alte leitz projektor die glasdias auf die vergilbte leinwand briet.

karl marx hielt im vorfeld unseres studienaufenthaltes in paris eine einführung in den kunstkosmos, der uns erwarten sollte. in lebendigen schilderungen berichtete marx vom künstlerisch historischen umfeld, und da wir als eins der ziele das impressionisten museum im der orangerie des louvre hatten, zumeist von den entsprechenden lebensläufen und darstellerischen absichten der künstler jener zeit. in diesen augenblicken nahmen der name utrillo und seine motive, zumeist von montmartre, besitz von uns allen.


realitas

montmartre ist natürlich im originären sinne utrillos nicht mehr existent. was wir sehen ist die sich in kitsch potenzierende und ständig weiter reproduzierende kopie, das sich plagierende plagiat im tourismussaft, der die devotionalienhalden umbrandet; bevölkert von sich immer wieder imitierenden stereotypen, schauspielern, künstlern, statisten, touristen und schmierern*.
durchwachsen ist das gut abgehangene stück mit knorpeliger auto- und architektur-realität. vermisst habe ich allerdings die agilen deutschen discounter, was ich mir am place du tertre gut vorstellen könnte.

* besonders verunstaltet zeigte sich die durch eine sexistische spray attacke beschädigte bronze büste dalidas am selbigen platz.

was bleibt

sind utrillos motive unter den verkrustungen der gegenwart, seine perspektiven und oberflächen, die in vielen bereichen der butte noch aufzuspüren sind.

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seine sucht nach dem festhalten des gesehenen ist auch zu unserer zeit nicht nur existent und nur künstlern zu eigen, sie hat sich mit vielen milliarden* digitalen fotos im jahr zu einem der stärksten leitmotive unserer zeit entwickelt.

* 2006 wurden von einem institut für marktbeobachtung mehr als 150 Milliarden fotos gezählt.

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place du tertre, rue lepic, bateau lavoir, lapin agil, moulin de la galette ..., es rührt mich, an der quelle zu sein, auch wenn sie zu versiechen scheint, doch:

ob am mont st. michel, in st. tropez oder sur le pont d´avignon, abermillionen von touristen lechzen nach historisch belegten orten und besuchen sie. warum?

früher:

sur le pont d’avignon
on y danse, on y danse
sur le pont d’avignon
on y danse tout en rond

heute:

avignon? ich war da, hab´ aber keinen parkplatz gefunden.


gefühl

gigantisches sentimentalo schmalz,
das herzergreifend fette,
schmiert, mein liebes sacre coeur,
manch
pferdchens pirouette

 

ex voto und epilog


meine unsterbliche göttin, zur landung ansetzend

 

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