weiterer arbeitstitel: ruinis submersis

motivprägungen


bonner umfeld

für die ersten nachkriegsgenerationen der noch jungen bundesrepublik zählten haus- und andere ruinen zum alltag. dabei machte man sich als kind oder jugendlicher wenig gedanken, ob die ruinen neueren datums waren oder anderen epochen entstammten. die ruine des bonner kaufhofs unterschied sich z.b. für mich nicht so sehr von der ruine des drachenfelses oder der godesburg. ebenso lebte man im umfeld mit vielen baulichen provisorien.

über das, was uns in form unvorstellbarer körperlicher verstümmelungen der sogenannten kriegsbeschädigten erschreckte, möchte ich in diesem zusammenhang nicht schreiben.

durch die sonn- und feierlichen ausflüge und besichtigungen gewannen allerdings burg- und klosterruinen mit in ihrem umfeld angesiedelter bewirtung, andenken läden und anderen bescheidenen erlebnisbereichen mehr gewichtung, was man an den motiven meiner fotoalben aus dieser zeit gut nachvollziehen kann.

frühes kombinatives gestalten im fotoalbum um die ruine drachenfels

 

endlich ein fotoapparat! foto von einem ausflug mit tante frida zur ruine rolandsbogen, ende der 50er jahre
unüberlegtes nachmachen des statischen bildaufbaus vom typ ´erinnerungsfoto´

foto von der noch nicht renovierten ruine godesburg, vor 1959,
meine großmutter mit freundinnen
weder die ruine noch die gruppe passen ganz auf´s format, entfernungseinstellung und belichtung stimmen nicht- für mich heute eine gelungene kinderfotografie mit dokumentationscharakter

 

bei spaziergängen am godesberger rheinufer bestaunte ich die villa deichmann, die viele jahre lang mit schweren kriegsschäden mehr einer ruine als einer villa glich.

skizze nach der erinnerung (!), bleistift, 2008, blick vom rheinufer, frühe 50er: links ein unbeschädigter turm, schräg verzogener dachüberhang über der einschlagstelle (der fliegerbombe 1944), ungeordnete dachziegel, links und rechts aber intaktes fachwerk und hausbereiche, gewaltiger einschlagskrater, blick in das hausinnere, aufgerissener corpus, freiliegende verletzte innereien - sich wundern, dass das außenherum stehen geblieben ist. ich sehe an einer zimmerwand zum hausinneren eine verschlossene tür, ich habe angst, sie vom intakten hausbereich her unbeabsichtigt zu öffnen und in den krater zu stürzen ...

nördlich der neogotischen plittersdorfer st. evergislus kirche spielte ich mit freunden, wenn gitter offen standen oder aufgebrochen waren, im verkommenen grusel ambiente des carstanjenschen mausoläums, einem bau, wohl dem historismus des späten neunzehnten jahrhunderts zuzuordnen, der einer böcklinschen toteninsel gut angestanden hätte und baulich absolut desolat war.

skizze nach der erinnerung (!), bleistift, 2008, digital bearbeitet, späte 50er, ... durch das aufgebrochene verrostete gitter bin ich mit freunden in die gruft gekrochen, trotz dunkelheit und luftzug schmecke ich moder, erkenne eine schemenhafte säulenhalle, ahne gewölbebögen, darunter sarkopharge, angst überwältigt mich , ich muss umkehren und zum licht flüchten ...

neben den trümmergrundstücken gab es weitere vorzügliche spielbereiche z.b. bunkerreste im klufterbachtal, wobei ich mich an die feuchte klamme luft des bunkers und die geräusche von wassertropfen erinnere. ich hatte die taschenlampe meines großvaters heimlich mitgenommen, eine eckige taschenlampe mit einer großen eckigen 4,5 v batterie, verdunkelungsklappe, rot- und grünlicht filter, die man über zwei schieber betätigen konnte.

in der nähe erinnere ich mich noch an möglicherweise nicht unbedingte kriegsruinenreste des alten ausfluglokals waldschlösschen oder auch arndtruhe genannt, wovon man ab und zu alte postkarten findet. südlich davon gab es einen großen stark verwilderten, von wasser führenden gräben durchzogenen bereich, ein wunderschönes spielgelände, längs des promenadenwegs, vielleicht alte (ziegel-?)fabrikbereiche. dort wuchsen pflanzen (bärenklau) mit dicken hohlen stämmchen, die wir, wenn sie getrocknet waren, gut rauchen konnten.

die bahnbrücke an der godesberger hochkreuzalle bestand aus einfachen kräftigen eisenträgern, durch die man einen direkten blick auf die geräuschvoll darüber ratternden züge hatte, man musste sich allerdings bei personenverkehr vor zerspritzendem urin und fäkalien in acht nehmen.

auf schulausflügen sahen wir uns mit großen augen die remagener brückenreste an. von uns verschlungene landser hefte rankten ihre heldengespinste um die letzten tage dieser brücke. ganz in der nähe hatte auch mein onkel franz aus wesel seine kriegsgefangenschaft in einem grausamen lager, einer sogenannten temporary enclosure, unter offenem himmel verbracht. bei besuchen in wesel erzählte er mir als zwölfjährigem seine unvorstellbaren erlebnisse aus diesem lager.

irgendwann lag dann in den frühen sechzigern die luftschutzfibel in den godesberger briefkästen, die mich mit ihrem bildmaterial um den schlaf brachte, kreuze sollte es regnen und die ganze stadt sollte in schutt und asche fallen...

 

anmerkungen


mein großvater willi burgdorf sammelte in bescheidenem rahmen stahlstiche englischer maler der romantik, die als erste bildungstouristen rhein, mosel und eifel besuchten und zumeist in übersteigerter dramatik topografisch interessante berge und bizarre burgruinen malten, um dann ihre darstellungen mit stahlstischen zu vermarkten.

auch fotografierte er gerne seine familie vor diesen motiven

© sammlung coloniars

großmutter, mutter und enkel rainer maria 1952


ich fotografiere weiterhin diese motive, zitiere sie in meinen künstlerischen arbeiten und sammele ihre abbildungen auf alten fotos und postkarten

© sammlung coloniars

klosterruine heisterbach bei bonn 1885 und 2005

vergleich und auseinandersetzung mit dem motiv


 

© sammlung coloniars

köln 1944 und 2004


künstlerische umsetzungen im

bonner raum

brücke von remagen, meine geplante rotlichtlaser-installation sollte die brückentürme verbinden © 1989

heute leider illiminierte/r industrieruine / industriesaurier kurz vor linz, in meinen träumen verstopft sein skelett mit anderen trümmern das flussbett. im hintergrund ein remagener brückenturm.

der trümmerdamm bricht, öl auf nessel, 1978

das motiv des atompilzes, des drohenden und in kauf genommenen weltuntergangs und der selbstauslöschung in einem atomaren desaster, hat meine generation seit der zeit des kalten krieges oft an den humanistischen idealen der politiker zweifeln lassen.

zu der thematik der luftschutzfibel habe ich in der letzten kunstausstellung im bonner haus an der redoute 2007 eine collage-sequenz erstellt

arma christi


berlin

die künstlerische verhüllung der ehemaligen reichstagsruine scheint eine gemisslungene auseinandersetzung mit der an dieser stelle geschichtsträchtigen deutschen vergangenheit zu sein.

reichsverpackungstag bzw. geschichte als vacuum-verpackung für die mentale heimische gefrier- bzw gefühlstruhe

© coloniars

die turmruine der berliner kaiser-wilhelm-gedächnis-kirche gilt als symbol für frieden und versöhnung , die ruine des ehemaligen palastes der republick dahingegen als kontaminiert und belastet

zusammenbruch in ruinen

 


spanien

auseinandersetzungen mit

  • rutschenden bunkern zumeist der francozeit
  • im bauboom der jahrtausendwende aufgegebenen altstadtbebauungen
  • vanitasdarstellungen mit hilfe von maueroberflächen

 

 


themenbezogene zusammenarbeit

im laufe der jahre habe ich mit verschiedenen künstlern an mehreren themenverwandten und themenbezogenen aktionen gearbeitet.

 

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